Wie du mit 3 Strategien sorgenfrei und angstfrei werden kannst.
Jeder Mensch hat ab und zu Angst oder macht sich Sorgen, das ist ganz normal. Problematisch wird es aber, wenn die Angst zum Dauergast wird. Zum Beispiel in Form von Flugangst, Angst vor Krankheiten oder der Angst vor der Angst. Denn bei einer Angststörung leidet nicht nur die Psyche, sondern wir büßen dabei auch Freiheit und Freude, Gesundheit und guten Schlaf ein. Wie können wir uns von Ängsten und Sorgen befreien?
In unserem Blogartikel erfährst du, welche Strategien wirklich gegen Ängste, Stress und Panik helfen. Du lernst, welches Mindset du dazu benötigst, welche Übungen du im Alltag anwenden kannst und welche deiner bisherigen Denk- und Verhaltensweisen du besser über Bord werfen solltest.
Denn wer mit Ängsten und Ungewissheiten besser umgehen kann, lebt definitiv freier, selbstbestimmter und glücklicher! Wie Jon Kabat-Zinn sagt: "Du kannst die Wellen nicht stoppen, aber du kannst lernen zu surfen."
In dem Blogartikel wirst du herausfinden,
weshalb ein Affe in deinem Kopf herumschnattert,
wieso Entspannungsübungen auch das Gegenteil bewirken können und
warum Schlechtfühltraining eine gute Sache ist.
Noch ein kleiner Hinweis: Wir geben dir mit diesem Artikel Strategien an die Hand, die bereits vielen Menschen geholfen haben. Jedoch können wir nicht versprechen, dass sie dir ebenfalls helfen können. Wir sind schließlich alle individuell und "die Master-Lösung für Ängste" gibt es leider nicht. Falls du gerade in Therapie sein solltest, besprich bitte vorher mit deinem Therapeuten die vorgestellten Methoden und frage sie oder ihn, ob diese auch für dich in Frage kommen. Das war´s schon. Jetzt geht´s los! =)
Bei Anzeichen von Gefahr wird unser Gehirn vom Affengeist gekapert.
Wer keine Angst hat, lebt gefährlich, denn Angst warnt uns und mobilisiert uns bei Gefahr. Es kann also nicht das Ziel sein, sie komplett abzustellen. Wir müssen aber auch nicht ihr Sklave sein. Um uns von übertriebenen Ängsten und Sorgen zu befreien, sollten wir zuerst verstehen, wie Angst entsteht.
Steuerzentrale sämtlicher Angstreaktionen ist die Amygdala, ein kleines Gehirnareal am obersten Punkt der Wirbelsäule. Wegen ihres rastlosen Charakters wird sie auch als Monkey Mind bezeichnet, „Affengeist“. Gemeint ist damit eine Art Sicherheitsbeauftragte, die beflissen alle durchgehenden Ereignisse kontrolliert. In einem anderen Artikel haben Dr. Katharina Stenger und ich sie auch "die kleine Wächterin" getauft.
Ein Zwicken in der Leiste? Eine kritische Bemerkung der Kollegin? Der Affengeist registriert alles und schlägt sofort Alarm, wenn er eine potenzielle Bedrohung ausmacht.
Dann gibt er das Signal für den Kampf-oder-Flucht-Modus: Wir beginnen zu schwitzen, der Atem beschleunigt, wir bekommen Herzklopfen. Auch negative Gefühle wie Angst, Scham oder Wut werden nach Bedarf vom Affengeist aktiviert. Die Reaktionen sind individuell verschieden, je nachdem, welche Reaktionsmuster wir in der Vergangenheit gelernt haben.
Ist der Angstzyklus aktiviert, gerät der Rest unseres Gehirns in Geiselhaft. Entspannung und Kreativität, Wachstum und Entwicklung, Verwirklichung von Träumen? Fehlanzeige. Alle nicht lebensnotwendigen Funktionen sind vorübergehend außer Betrieb. Darum ist es auch zwecklos, den Affengeist mit vernünftigen Argumenten beruhigen zu wollen. Er hat nur einen Job: uns vor Gefahren zu warnen und zum Handeln zu bewegen.
Meditation hat übrigens in Gehirnscans (fMRT) gezeigt, dass sie die Amygdala (den Affengeist) nach 8-12 Wochen regelmäßigen Anwendens verkleinern kann und dadurch bei Angststörungen und Panikattacken hilft. Auch hat sich in vielen Studien gezeigt, dass Punkte auf der Hamilton-Angst-Skala durch regelmäßige Meditation unter der richtigen Anleitung reduziert wurden.
Aktuell bieten wir ein kostenfreies Webinar mit genau diesem Thema an. Wenn es dich interessiert, schau gerne vorbei und klicke auf den Link oder das Bild.
Aber was zählt überhaupt als Gefahr? Zwei Dinge: alles, was unser Leben bedroht, und alles, was unseren Status in der Sippe gefährdet. Man kann sie auch die zwei archaischen Bedrohungen nennen.
Doch wie kommt es, dass so viele Menschen exzessive Ängste und Sorgen erleben, obwohl sie, objektiv betrachtet, gar nicht in Gefahr sind? Der Grund ist folgender: Unser jahrtausendealter Affengeist ist auf die Erkennung von Säbelzahntigern und Co. programmiert. Eine eigenständige Risikoeinschätzung liegt ihm nicht. Wird er mit einer unbekannten Situation konfrontiert - sagen wir, du verlierst deine Kreditkarte -, muss er raten. Und geht im Zweifel lieber auf Nummer sicher.
Spannender Fakt: Im Gehirn sieht es sogar so aus, dass die Kreditkartensituation erst in die Amygdala(zum Affengeist) wandert und erst danach zum Thalamus. Der Thalamus übersetzt alles, was außerhalb des Gehirns passiert in die Sprache des Gehirns. Das bedeutet, bevor unser Gehirn verstanden hat, was um uns herum passiert, haben wir schon den Befehl im Kopf "Kampf oder Flucht".
Hinzu kommt, dass uns im Affenmodus zwei Fehler unterlaufen: Wir überschätzen die Gefahr, und wir unterschätzen die eigene Resilienz, also unsere Fähigkeit, mit der Situation fertigzuwerden. Denn wenn der Affe krakeelt, sind wir nicht mehr zu nüchterner Analyse und klaren Gedanken fähig.
Der erste Schritt zum Umgang mit Angst ist daher, sie als das zu betrachten, was sie ist - nämlich Affengeschnatter. Mach dir bewusst: Der Affe ist ein Teil von dir, aber er ist nicht du!
Unsere Ängste werden durch Sicherheitsdenken, Perfektionismus und übertriebenes Verantwortungsgefühl befeuert.
Der Affengeist ist ständig um unsere Sicherheit und unseren Sozialstatus besorgt. Dabei stützt er sich auf drei Annahmen, die gerne als Affengeist-Denkweise bezeichnet werden. Eine oder mehrere dieser Annahmen sind bei den meisten Angstgeplagten vorhanden, schauen wir sie uns deshalb einmal genauer an.
• Annahme Nummer eins: „Ich muss sicher sein.“
Wer nach diesem Motto lebt, kann sich erst entspannen, wenn es hundertprozentige Sicherheit gibt. Ungewissheit ist für die Sicherheitsfanatiker unter uns ein Gräuel. Diese Denkweise ist unter anderem verantwortlich für exzessives Googeln nach Krankheitssymptomen, zwanghaftes Vorausplanen und Listen schreiben, und sie fördert auch das Aufschieben von Entscheidungen - es könnte ja die Falsche sein. Sicherheitsbestrebte Menschen haben oft Schlafprobleme. Ihre Hyperwachsamkeit hält sie im Dauerstress. Schließlich gibt es einen endlosen Nachschub an Dingen, derer sie sich versichern müssen.
• Annahme Nummer zwei: „Ich muss perfekt sein.“
Perfektionisten können sich erst entspannen, wenn alles - na klar - zu hundert Prozent perfekt ist (besser mehr). Auch sie zeigen wenig Risikofreude und feilen lieber stundenlang an Kleinigkeiten herum, als etwas Neues zu probieren und der Kreativität freien Lauf zu lassen. Ihr größter Feind ist der Misserfolg - und die Herabsetzung im Sozialstatus, die sie deswegen befürchten. Typische Leiden von Perfektionisten sind Suchtverhalten, Depression und geringes Selbstwertgefühl. Sie sind eher kontaktscheu und verbringen viel Zeit damit, über ihre vergangenen und zukünftigen Fehler nachzugrübeln.
• Annahme Nummer drei: „Ich bin für alles und jeden verantwortlich.“
Das Klima erwärmt sich, die Renten sind in Gefahr, und die Nachbarstochter findet keinen Job? Ein echter Verantwortungsjunkie kann erst wieder beruhigt schlafen, wenn alle Probleme gelöst sind. Vertreter dieser Spezies erteilen gern ungebetene Ratschläge, grübeln nachts über die Probleme anderer und vernachlässigen dabei die Selbstfürsorge. Sie erkranken entsprechend oft an Burn-out.
Nun kennst du die drei Grundannahmen, unter denen unser Affengeist sein Unwesen treibt, und vielleicht hast du dich schon bei der einen oder anderen wiedererkannt. Allen dreien ist gemein, dass sie unerreichbar sind. Niemand kann je hundertprozentige Sicherheit haben, niemand ständig Perfektion erlangen, und niemand ist für alles verantwortlich!
Die Affengeist-Denkweise hängt uns an einen nie versiegenden Tropf der Angst, aus dem wir eine stetige Dosis negativer Gefühle und Stress erhalten. Ein klassischer Therapieansatz ist, die schädlichen Denkweisen aufzudecken und zu analysieren, nach dem Motto: Ist die Ursache erst erkannt, verschwindet die Angst von selbst. Doch die letzten dreißig Jahre Hirnforschung haben gezeigt: Es kommt nicht auf die Ursachen unserer Ängste und Denkweisen an, sondern darauf, was sie aufrechterhält.
Übrigens:
Angststörung ist die am häufigsten
auftretende psychische
Erkrankung nach Depression.
Sicherheitsstrategien helfen nur kurz und halten langfristig den Angstzyklus aufrecht.
Nehmen wir mal folgende These an: Alles, was wir tun, um negativen Gefühlen auszuweichen und unseren Affengeist zu beruhigen, ist in Wahrheit Futter für den Affen.
Dann würden ausgerechnet unsere Sicherheitsstrategien also dazu beitragen, Ängste und Sorgen aufrechtzuerhalten? Und was sind überhaupt Sicherheitsstrategien? Der Reihe nach ...
Unser Affengeist ist ständig am Schnattern: „Vorsicht! Das könnte gefährlich sein! Tu etwas!“ Früher oder später geben wir seinen Warnungen nach, schon allein, um Ruhe zu haben. Sicherheitsstrategien sind kurz gesagt alle Maßnahmen, die den Zweck haben, den Affenanweisungen zu gehorchen und „etwas zu tun“.
Das kann sich ganz schlicht darin äußern, dass man sich kratzt, wenn es juckt. Es kann sich aber auch darin äußern, dass man seine Meinung aus Angst vor Ablehnung nicht sagt oder sein Herzensprojekt aus Angst vor Misserfolg immer wieder aufschiebt.
Problematisch ist nicht, was wir tun, sondern warum wir es tun. Wenn wir Yoga machen, weil es Spaß bringt und guttut - prima! Aber wenn es ausschließlich dazu dient, unangenehmen Gefühlen wie Angst oder Ungewissheit zu entgehen, ist es eine Sicherheitsstrategie. Wir besänftigen den Affengeist. Das Problem ist: Damit bestätigen wir seine Vermutung, dass eine Gefahr besteht.
Der Affengeist gleicht einem kleinen Kind oder Haustier, das von uns lernt, indem es uns genau beobachtet. Worte interessieren ihn nicht, er orientiert sich einzig an unseren Handlungen. Wir können uns hundertmal einreden, dass nichts dabei wäre, der Chefin die Meinung zu sagen. Wenn wir aber stumm bleiben und warten, dass wir danach gefragt werden, bestätigen wir die Annahme, dass es gefährlich sei, seinen Mund aufzumachen. Der Affe bekommt seine Banane in Form von Bestätigung - und wird beim nächsten Anlauf wieder krakeelen.
Nach der Affenlogik stellt es sich so dar: Weil wir seiner Aufforderung gehorcht haben, sind wir jetzt in Sicherheit. Auch darin gleicht er einem Kleinkind. Das denkt sich auf der Straße: „Weil ich in die Hände geklatscht habe, ist die Ampel auf Grün gesprungen“, und wenn seine Mama krank wird, fürchtet es: „Ich bin schuld, weil ich unartig war.“ Doch Korrelation ist nicht Kausalität. Nur weil ein Ereignis auf ein anderes folgt, muss das erste Ereignis nicht das zweite verursacht haben.
Heißt das, dass wir fortan alles unterlassen sollten, was unserer Sicherheit, Entspannung oder unserem Wohlbefinden dient? Nein! Der Affengeist existiert aus gutem Grund. Seine Warnungen einfach zu ignorieren wäre fatal. Aber wir sollten unsere persönlichen Sicherheitsstrategien identifizieren und sie durch neue Strategien ersetzen.
Um deine Sicherheitsstrategien abzustellen, musst du sie zunächst als solche erkennen.
Dem Geschrei des Affengeistes nachzugeben ist in etwa so sinnvoll, wie einem tobenden Kind Schokolade zu geben. Beide lernen daraus, dass sie ihren Willen bekommen, wenn sie nur ordentlich Krawall machen. Aber woher wissen wir, welche Handlungen für unser Security-Äffchen eine Belohnung darstellen? Was ist wirklich erforderlich, was Sicherheitsstrategie?
Es gibt unzählige Dinge, die wir täglich, meist unbewusst tun, um unsere Ängste und Sorgen zu reduzieren. Orientierung geben dir folgende zwei Fragen:
Bringt mir diese Strategie nur kurzfristig Erleichterung und muss ständig wiederholt werden (ohne langfristig zu wirken)?
Bringt mich die Strategie von meinen Wertvorstellungen und Zielen ab?
Beobachte dich eine Zeit lang im Alltag und analysiere deine Gewohnheiten gemäß den zwei genannten Fragen. Kannst du beide mit Ja beantworten, handelt es sich um eine Sicherheitsstrategie. Dabei lassen sich zwei Kategorien unterscheiden: verhaltensbezogene und mentale Strategien.
In die erste Kategorie fallen Dinge wie Ablenkung, Kontrolle und Vermeidung. Du landest immer wieder bei lustigen Katzenvideos, obwohl du eigentlich an deinem Bericht schreiben wolltest? Du kontrollierst dauernd, ob der Herd ausgeschaltet ist? Du ärgerst dich über den Saustall in der WG-Küche, aber statt deine Mitbewohnerin zu konfrontieren, gehst du ihr lieber aus dem Weg? Das sind typische Verhaltensstrategien.
Meistens gibt es auch ein mentales Pendant dazu: Du grübelst Stunden darüber nach, was du in deinem Bericht schreiben willst, statt einfach loszulegen. Du überprüfst immer wieder in Gedanken, ob du den Herd ausgeschaltet hast. Du überlegst dir genau die Formulierung, mit der du deine Mitbewohnerin taktvoll auf ihre Schlampigkeit hinweisen könntest.
Mentale Sicherheitsstrategien sind subtiler als die verhaltensbezogenen und daher schwerer auszumachen. Klassische Kandidaten dieser Kategorie sind das Planen und das Listenschreiben. Wer sich jeden seiner Schritte oder jedes Wort akribisch im Voraus überlegt, geht auf Nummer sicher.
Aber auch grübeln und sich Sorgen machen sind mentale Sicherheitsstrategien, sogar mit die häufigsten. Moment mal - Sorgen machen, um sich sicherer zu fühlen? Ja, das geht, auch wenn es paradox erscheint.
Denn indem wir uns sorgen und in Gedanken um unsere Ängste kreisen, müssen wir sie nicht mit voller Wucht fühlen. Statt das ganze Ausmaß an negativen Gefühlen zu erleben, verlagern wir uns aufs gedankliche Erörtern und Problemlösen.
Ganz wichtig: Bewerte deine bisherigen Strategien nicht und versuche auch nicht, sie sofort abzustellen. Nimm sie vorerst einfach nur zur Kenntnis!
Sobald du deine Sicherheitsstrategien kennst, ersetze sie durch Expansionsstrategien.
Wir alle kennen es von guten Neujahrsvorsätzen: hoch motiviert und doch gescheitert. Über Jahre eingeschliffene Gewohnheiten und Denkweisen lassen sich eben nicht über Nacht verändern.
Das gilt erst recht für Sicherheitsstrategien und Affengeist-Denkweisen, denn hier kommt zusätzlich noch Angst ins Spiel. Darum sollten wir es langsam angehen.
Wir können davon träumen, einen Marathon zu laufen. Aber alles Träumen bringt nichts, solange wir nichts dafür tun. Denk dran: Der Affengeist hängt nicht an deinen Lippen, sondern verfolgt deine Taten. Statt in unserer Komfortzone zu bleiben, sollten wir also etwas Neues wagen und unsere Sicherheitsstrategien nach und nach ersetzen - durch expansive Strategien.
Wenn du die Übung von oben eine zeitlang gemacht hast und deine Sicherheitsstrategien kennst, dann: Glückwunsch, das ist schon die halbe Miete! Denn expansive Strategien sind in den allermeisten Fällen einfach das Gegenstück zu dem, was du zuvor gedacht und getan hast.
Du bist schüchtern und zurückhaltend? Die expansive Strategie dazu lautet: Wage den ersten Schritt und geh von dir aus auf jemanden zu!
Bislang musstest du zwanghaft jede E-Mail vor dem Absenden mehrfach kontrollieren? Lass die Kontrolle und schick sie direkt raus!
Bei allem Tatendrang ist es wichtig, sich am Anfang nicht zu überfordern, sondern realistische Ziele zu stecken.
Finde dein eigenes Level an Verwegenheit für diesen Moment!
Wenn du unter Lampenfieber leidest, muss es nicht gleich der Auftritt vor einem ausverkauften Stadion sein. Aber ein bisschen ungemütlich darf es schon werden.
Neben dem Handeln solltest du auch nicht die mentale Ebene vergessen. Unsere Sicherheitsstrategien gehen Hand in Hand mit den drei Annahmen: „Ich muss sicher sein“, „Ich muss perfekt sein“, „Ich bin für alle und alles verantwortlich“. Auch sie kannst du leicht umkehren und dir künftig als Affirmation vorsagen: „Ich kann auch mal Ungewissheit ertragen!“ „Ich darf Fehler machen!“ „Ich kann anderen beistehen, aber ich bin nicht für sie verantwortlich!“
Wenn es dir gelingt, deine Sicherheitsstrategien nach und nach durch Expansionsstrategien zu ersetzen und deine alten Glaubenssätze umzukehren, kannst du den Angstzyklus beenden.
Aber sei dir bewusst: Der Weg dahin ist ein Lernprozess, und Lernen erfordert Handeln. Jede Handlung birgt wiederum Risiken. Wir können Fehler machen, scheitern oder mit schmerzlichen Gefühlen konfrontiert werden. Experimentelles Lernen ist der Weg aus der Angst - doch zugleich bringt gerade das die größte Herausforderung für jeden Angstpatienten: die Angst vor der Angst.
Apropos Angst vor der Angst und daraus resultierende Panikattacken. Kennst du schon unseren 7 Methoden Plan, mit dem du lernst, akute Panikattacken abzuschwächen oder sogar zu stoppen?
7 einfach umzusetzende Methoden, die du direkt während der nächsten Panikattacke anwenden kannst.
Falls nicht, schau ihn dir gerne mal an:
Um Resilienz aufzubauen, müssen wir lernen, negative Gefühle auszuhalten.
Stellen wir uns mal folgende Situation vor:
-> Julie, eine junge Schülerin, erwacht eines Morgens mit unerklärlichen Schmerzen, die in wellenförmigen Schüben durch ihren Körper laufen. Sie bleibt tagelang im Bett, aber als keine Besserung eintritt, geht sie schließlich zum Arzt. Seine Diagnose: Wachstumsschmerzen. Noch am selben Tag verlässt Julie ihr Krankenlager und nimmt wieder ihre normalen Aktivitäten auf. Die Schmerzen sind nicht verschwunden - was also hatte sich verändert?
Beim Umgang mit Schmerzen und negativen Gefühlen spielt unsere Bewertung eine nicht zu unterschätzende Rolle (In der Achtsamkeits- und Meditationspraxis lernt man übrigens weniger zu bewerten). Mit der Diagnose erhielt Julie eine Erklärung für ihren Schmerz und erkannte, dass er unerlässlich war. Also hörte sie auf, dagegen anzukämpfen, und nahm ihn einfach hin.
Wenn wir beginnen, uns unseren Ängsten zu stellen und an den vertrauten Denk- und Verhaltensweisen zu rütteln, kann es anfangs zu einem Anstieg von negativen Gefühlen kommen. Kein Wunder, schließlich verlassen wir unser gewohntes Terrain und verzichten noch dazu auf unsere Sicherheitsstrategien, die uns bislang vor dem Allerschlimmsten bewahrt haben.
Das Vermeiden von negativen Gefühlen ist eine mächtige Triebkraft für den Affengeist, die man auch Angst vor der Angst nennt. Wenn es dir mit dem Expansionstraining ernst ist, wirst du um unangenehme Momente nicht umhinkommen - darunter körperliche Stresssymptome wie Schwitzen oder Herzrasen, aber auch emotional Schmerzliches wie Trauer, Wut, Frustration, Schuldgefühle oder Scham.
Deine Aufgabe lautet: Heiße alle diese Empfindungen und Emotionen willkommen! Stemme dich nicht dagegen, sondern lass deinen Gefühlen freien Lauf! Negative Gefühle sind deshalb unerlässlich, weil wir sie verarbeiten müssen. Darum lass sie gewähren und betrachte sie als notwendige Wachstumsschmerzen. Je öfter du Ängste, Sorge und negative Empfindungen bewusst willkommen heißt, desto mehr Resilienz entwickelst du. Aber wie übt man das konkret?
Ein äußerst effektives Tool beim Schlechtfühltraining ist der Willkommensatem. Wenn du das nächste Mal Angst oder Sorgen verspürst, halte kurz inne und fühle nach, wo das Unbehagen am präsentesten ist - vielleicht im Bauch, im Brustraum oder im Kopf?
Dann atme tief und bewusst in diesen Teil deines Körpers hinein.
Stell dir bei jedem Einatmen vor, wie du das Unbehagen mit einem Strom frischer Luft willkommen heißt
und bei jedem Ausatmen, wie du ein Stück Kontrolle loslässt.
Dein fester Vorsatz lautet: anzunehmen, statt abzuwehren, ganz gleich, was kommen mag. Du kannst die Wirkung der Übung noch verstärken, indem du die Handflächen öffnest.
Wenn du versuchst unerlässliche Gefühle zu kontrollieren, sorgst du genau damit für ihren Erhalt. Kontrolle will etwas behalten! Ein Anagramm von Angst ohne N ist Gast. Heiße die Gefühle als Gast willkommen. Auch wenn sie ungebeten kommen. Danach kannst du sie genau so wieder bitten zu gehen. Sie sind schließlich nur Gast und nicht Du selbst. Angst gehört zu dir, aber du bist nicht die Angst.
Unsere Werte leiten uns auf dem Weg aus der Angst.
Du hast bereits viele Tipps und Denkanstöße zur Angstbewältigung bekommen. Aber was nützt das beste Schiff ohne Kompass? Um uns nachhaltig von Ängsten und Sorgen zu befreien, brauchen wir ein Ziel, eine Richtung:
Wo wollen wir hin mit unserem Leben?
Die Antwort liegt in unseren Werten.
Erinnerst du dich an die beiden Testfragen zum Erkennen von Sicherheitsstrategien? Eine davon lautete: „Bringt die Strategie mich von meinen Wertvorstellungen und Zielen ab?“ Die Frage kommt nicht von ungefähr.
Wer in ständiger Geiselhaft seines Affengeistes lebt, entfernt sich zwangsläufig auch von seinen Werten. Um uns sicher zu fühlen, opfern wir die eigenen Wünsche und Lebensvorstellungen: Da ist das Kind, das aus Angst vor Hänseleien seinen Lieblingspulli nicht mehr anzieht. Die Frau, die aus Angst vor Entlassung nicht ihren übergriffigen Chef anzeigt. Oder der Mann, der aus Angst vor dem Scheitern nie sein Buch zu Ende schreibt.
Wie können wir diesen Angstmechanismus unterbrechen? Wie immer besteht der erste Schritt zur Veränderung darin, das Problem in seiner ganzen Breite wahrzunehmen. Aber um herauszufinden, welche unserer Werte täglich vom Affengeist gekapert werden, müssen wir sie zunächst einmal kennen.
Du weißt nicht, welches deine Werte sind? Keine Bange, das geht vielen so. Darum hier ein paar Beispiele: Engagement, Flexibilität, persönliches Wachstum, Abenteuerlust, Gesundheit, Mut, Authentizität, Vertrauen, Kreativität, Unabhängigkeit. Dies ist nur eine kleine Auswahl, weitere Vorschläge findest du zum Beispiel hier. Wähle diejenigen aus, die dich am meisten ansprechen, und notiere sie in Sichtweite, zum Beispiel in deinem Smartphone!
Falls du dich übrigens grundlegend besser verstehen möchtest, schau doch mal auf der Hauptseite meines Instituts vorbei und scrolle so lange nach unten, bis du die 42 Tools für ein besseres Selbstverstehen findest. Ist kostenlos und mache ich selbst jedes Jahr, um mich zu reflektieren und dadurch besser zu wissen, was mir gut tut, und was eben nicht.
Nun zur Anwendung: Wenn du das nächste Mal Angst oder Sorge verspürst, schau auf deine Werteliste und überlege, welcher dieser Werte dir wichtiger ist als Sicherheit. Nehmen wir das Beispiel des verhinderten Schriftstellers. Er hat viele Ideen für seinen Roman, aber immer, wenn es ans Schreiben geht, grätschen ihm Ängste und Sorgen dazwischen: Schade ich meinem Ansehen, wenn das Buch nur mittelmäßig wird? Werde ich ausgelacht? Enttäusche ich meine Familie und meine Freunde? Auf seiner Liste könnten Werte stehen wie Selbstakzeptanz, Kreativität und Resilienz. Indem er sie sich vergegenwärtigt, können sie an die Stelle seiner Affengeist-Denkweise treten, die ihm bislang eingeimpft hat, er müsse perfekt sein und Gewissheit über das Ergebnis haben.
Wenn wir uns unsere Werte jenseits des reinen Überlebens ins Gedächtnis rufen, gewinnen wir ein großes Stück Orientierung und Lebenssinn zurück - und können auf unser teuer erkauftes, falsches Sicherheitsgefühl verzichten.
Die Kernaussage dieses Blogartikels ist:
Um uns von übertriebenen Ängsten und Sorgen zu befreien, müssen wir paradoxerweise unsere bisherigen Sicherheitsstrategien aufgeben und sie durch Expansionsstrategien ersetzen. Auch von unerreichbaren Ansprüchen sollten wir uns trennen: Wir müssen nicht perfekt sein und sind nicht immer für alles und jeden verantwortlich. Indem wir lernen, Ungewissheit zu tolerieren und negative Gefühle anzunehmen, stärken wir unsere mentale Widerstandskraft. Mit Resilienz und neuem Selbstvertrauen im Gepäck können wir mit gegenwärtigen und zukünftigen Krisen besser umgehen.
Was du konkret umsetzen kannst:
Bedanke dich beim Affen!
Stell dir vor, du gerätst in eine ungewohnte Situation oder stehst vor einer schwierigen Entscheidung. Schon hörst du den Affen in deinem Kopf losschnattern: „Uh, uh, uh, das könnte gefährlich sein, unternimm etwas dagegen!“ Anstatt wie sonst seiner Aufforderung nachzukommen, sag in Zukunft einfach: „Vielen Dank, Affe!“
Wünsch dir mehr Negatives!
Du bist mittlerweile geübt darin, negative Gefühle und Empfindungen auszuhalten? Dann wünsch dir mehr davon! Wenn du das nächste Mal dein Herz rasen fühlst, sage übertrieben ironisch: „Toll! Mein Herz rast. Es soll noch schneller rasen!“ Wenn dich Angst erfasst, sage: „Super! Ich fürchte mich. Ich will noch panischer werden!“ Diesen Kniff nennt man paradoxe Intervention, und er funktioniert ausgesprochen gut. (Auch hier bitte vorher mit dem Therapeuten sprechen)
Richte dir Sorgenzeiten ein!
Du ertappst dich dauernd dabei, wie du dir Sorgen machst und um Probleme kreist? Lege einen Termin dafür fest, wann du ausgiebig in deinen Sorgen schwelgen darfst. Indem du dir ausdrücklich feste Zeiten zum exzessiven Sorgenmachen einrichtest - beispielsweise zweimal täglich 15 Minuten -, nimmst du den Druck aus dem restlichen Tag. Wenn jetzt zwischendurch sorgenvolle Gedanken aufkommen, kannst du sie einfach auf deine Sorgenzeit vertagen. Den Rest des Tages hast du dann sorgenfrei. Auch ein Sorgentagebuch kann helfen. Schreib deine Sorgen einfach auf, die du hast. Aber vergiss dann bitte auch nicht dir zusätzlich drei Dinge aufzuschreiben, für die du dankbar bist ;)
Ich hoffe dieser Blogbeitrag hat dir gefallen!
Wenn du lieber über die Neurowissenschaft vorgehst, anstatt solche Strategien auszuprobieren, empfehle ich dir mal im kostenfreien Webinar vorbeizuschauen:
Und falls du kurzfristig etwas gegen akute Panikattacken benötigst, schau doch gerne hier vorbei:
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